Entlassungsprozesse älterer Menschen im Krankenhaus: Eine Analyse der Risiken und Schutzfaktoren

Im Rahmen meiner Masterarbeit als Gerontologin habe ich mich mit einem Thema auseinandergesetzt, das in der heutigen Zeit von zunehmender Bedeutung ist: dem Entlassungsprozess älterer Menschen aus dem Krankenhaus.

Die Fallzahlen in deutschen Krankenhäusern steigen kontinuierlich, während gleichzeitig die durchschnittliche Verweildauer pro Behandlung aufgrund finanzieller Belastungen sinkt. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels stellt das Gesundheitssystem vor allem in der Versorgung älterer Menschen eine zunehmende Herausforderung dar. Menschen ab 65 Jahren stellen einen erheblichen Anteil der hospitalisierten Patientinnen und Patienten dar. Ältere Menschen reagieren besonders sensibel auf Krankenhausaufenthalte, da diese oft mit Einschränkungen in der Selbstständigkeit, reduzierter Alltagsaktivität und in einigen Fällen auch kognitiven Auffälligkeiten verbunden sind. Krankenhausaufenthalte bergen zudem Risikofaktoren, die körperliche und kognitive Funktionseinbußen nach sich ziehen können.

Ein zentrales Anliegen dieses Textes ist es, den Entlassungsprozess aus dem Krankenhaus zu beleuchten. Forschungsergebnisse belegen, dass eine patientenorientierte Gestaltung dieses Prozesses den Gesundheitszustand positiv beeinflusst. In diesem Zusammenhang spielen auch die Angehörigen eine wesentliche Rolle. Laut aktuellen Zahlen werden 76% der Pflegebedürftigen in Deutschland im häuslichen Umfeld betreut, wobei 51% von ihren Angehörigen versorgt werden. Diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung eines stabilen sozialen Unterstützungsnetzes. Viele ältere Patientinnen und Patienten äußern den Wunsch, während ihres Krankenhausaufenthalts von ihren Angehörigen begleitet zu werden.

Die Ergebnisse meiner Forschung zeigen jedoch, dass nur etwa 40% der Patientinnen und Patienten bei der Entlassung aus dem Krankenhaus tatsächlich von Bekannten oder Familienangehörigen begleitet werden. Menschen, die sozial isoliert leben, sind während eines Krankenhausaufenthalts seltener von Angehörigen begleitet und haben daher ein höheres Risiko, negative gesundheitliche Folgen zu erleiden.

Dieser Bericht soll dazu anregen, den Entlassungsprozess frühzeitig zu planen und mit den beteiligten Akteuren, wie Ärzten, Pflegekräften und Sozialdiensten, abzustimmen. Ziel ist es, alle relevanten Informationen zu offenbaren, die Kommunikation zu optimieren und eine Begleitung bei der Entlassung zu organisieren. Auf diese Weise sollen den Patientinnen und Patienten ausreichend Orientierungsfaktoren zur Verfügung gestellt werden, die sie in die Lage versetzen, den Behandlungs- und Überleitungsprozess besser nachzuvollziehen und aktiv mitzugestalten.

Zur Förderung der Gesundheit, Teilhabe und Lebensqualität älterer Menschen im Krankenhaus soll dieser integrative Ansatz als Grundlage für Interventionen zur begleiteten, nachvollziehbaren und bedürfnisorientierten Entlassung dienen. Das Konzept des „interdisziplinären Überleitungsmanagements“, das den Zeitraum von der Aufnahme bis zur Entlassung umfasst und die Angehörigen in den Prozess integriert, lässt sich im Gesundheitswesen individuell anpassen und praktisch umsetzen.

Risikofaktoren für kognitive Defizite während des Krankenhausaufenthaltes:

  • Raum- und Umgebungswechsel
  • Unzureichende Informationen zum Behandlungsablauf und zur Entlassung
  • Mangelndes Kontrollempfinden im Entlassprozess
  • Geräuschvolles Umfeld
  • Überforderungsgefühl
  • Fehlende familiäre Begleitung bei der Entlassung
  • Soziale Isolation

Schutzfaktoren zur Vermeidung kognitiver Defizite:

  • Gute Bindung zum medizinischen und pflegerischen Personal
  • Einbeziehung der Angehörigen zur Förderung psychosozialer Unterstützung
  • Schaffung von Orientierungsfaktoren
  • Positives Schnittstellenmanagement bei der Überleitung in die Nachsorge
  • Förderung kognitiver und körperlicher Aktivität
  • Soziale Kontakte (Angehörige, Nachbarschaft, Freunde)
  • Individuelle Bewältigungsmechanismen

Der Entlassungsprozess stellt einen kritischen Moment in der Behandlung älterer Menschen dar und sollte daher als bedeutender Bestandteil des gesamten Krankenhausaufenthalts betrachtet werden. Eine frühzeitige Planung und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Akteuren können dazu beitragen, gesundheitliche Risiken zu minimieren und die Lebensqualität älterer Patientinnen und Patienten nachhaltig zu verbessern.

Quelle:
Masterarbeit: Judith Adamo

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