Pflegebedürftigkeit bezeichnet eine gesundheitliche Einschränkung der Selbstständigkeit, die einen signifikanten Bedarf an Unterstützung durch Dritte mit sich bringt. Dieser Zustand kann in allen Lebensphasen auftreten und betrifft nicht ausschließlich ältere Menschen. Um als pflegebedürftig anerkannt zu werden, muss diese Einschränkung mindestens sechs Monate andauern und eine bestimmte Schwere aufweisen (§ 15 SGB XI).
Der Antrag auf Pflegeleistungen erfolgt bei der Pflegekasse, die der jeweiligen Krankenkasse angegliedert ist. Dieser Antrag kann entweder schriftlich oder telefonisch durch den Versicherten selbst oder durch eine bevollmächtigte Person eingereicht werden. Nach Antragstellung beauftragt die Pflegekasse den medizinischen Dienst des zuständigen Bundeslandes mit der Begutachtung des Betroffenen in seiner häuslichen Umgebung. Für privat Versicherte erfolgt der Antrag bei der privaten Krankenkasse, welche das Pflegeversicherungsunternehmen Medicproof mit der Begutachtung betraut. Die gesetzliche Bearbeitungsfrist für den Antrag beträgt maximal 25 Arbeitstage.
Im Rahmen der Begutachtung wird ein standardisiertes Verfahren angewandt, das die Pflegebedürftigkeit objektiv erfasst. Dieses Instrument besteht aus verschiedenen Modulen, die jeweils unterschiedlich gewichtet werden:
- Mobilität (10% der Gesamtbewertung)
- Geistige/kognitive und kommunikative Fähigkeiten (15% der Gesamtbewertung)
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (zusammen mit Modul 2 gewichtet)
- Selbstversorgung (40% der Gesamtbewertung)
- Selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen (20% der Gesamtbewertung)
- Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte (15% der Gesamtbewertung)
Die Bewertung dieser Module erfolgt anhand von Punktwerten, die zusammengefasst einen der fünf Pflegegrade ergeben. Im Rahmen der Begutachtung wird auch die Rehabilitationsfähigkeit des Betroffenen geprüft, um zu entscheiden, ob eine Pflegebedürftigkeit vermieden oder die Selbstständigkeit gefördert werden kann. Eine geriatrische Rehabilitation kann unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen, wie z. B. einem Alter von mindestens 70 Jahren, der Notwendigkeit und Fähigkeit zur Rehabilitation sowie Multimorbidität (mindestens zwei geriatrische Erkrankungen).
Hauptleistungsbeträge je Pflegegrad:
PG 1 12,5-27 Punkte | PG 2 27-47,5 Punkte | PG 3 47,5-70 Punkte | PG 4 70-90 Punkte | PG 5 90-100 Punkte | |
Geldleistung ambulant | – | 347 € | 599 € | 800 € | 990 € |
Sachleistung ambulant | – | 796 € | 1.497 € | 1.859 € | 2.299 € |
Entlastungsbetrag ambulant (zweckgebunden) | 131 € | 131 € | 131 € | 131 € | 131 € |
Leistungsbetrag stationär | 125 € | 805 € | 1.319 € | 1.855 € | 2.096 € |
Sollte ein Betroffener mit dem Ergebnis der Begutachtung unzufrieden sein, kann innerhalb eines Monats Widerspruch bei der Pflegekasse eingelegt werden.
Im Falle eines Krankenhausaufenthalts oder einer Rehabilitationseinrichtung, in denen eine Pflegebedürftigkeit trotz fehlendem Pflegegrad offensichtlich ist, kann der Sozialdienst der Einrichtung einen Antrag auf eine Eileinstufung stellen. Dieser Antrag wird durch das Klinikpersonal ausgefüllt und an den medizinischen Dienst sowie die zuständige Krankenkasse weitergeleitet. Innerhalb weniger Tage erfolgt eine vorläufige Einschätzung des Pflegegrades, die in der Regel nicht höher als Pflegegrad 2 ausfällt. Später erfolgt die endgültige Begutachtung durch den medizinischen Dienst, wenn eine stationäre oder ambulante Nachsorge erforderlich ist.
Quelle:
Pflegebedürftig – was nun? (bundesgesundheitsministerium.de)
Pflegebegutachtung | Medizinischer Dienst